Kann Jesus der Erzengel Michael sein? Was sagt die Bibel?

 

In diesem Artikel geht es nicht darum sich bezüglich dieser Frage festzulegen. Viel mehr geht es darum zu untersuchen, ob ein weit verbreiteter Vorwurf gegenüber einer bestimmten Glaubensansicht gerechtfertigt ist oder nicht. Damit dieser gerechtfertigt wäre, müsste er anhand der Bibel klar beweisbar sein. Wie sieht es damit aus?

 

Viele sagen man würde den Sohn Gottes "zu einem Engel degradieren", wenn man glaube Jesus sei der Erzengel Michael, sie bezeichnen diesen Standpunkt daher sogar als eine Lehre des Teufels. Doch hält solch eine Anklage einer genauen Überprüfung anhand der Bibel tatsächlich stand oder begründet sie sich lediglich auf oberflächlichen Argumentationen, die weder Hand noch Fuss haben?

 

 

Über Wortklauberei

Die Oberflächlichkeit fadenscheiniger Argumentationen äussert sich grösstenteils in Form von Wortklauberei, dem kleinlichen Festhalten an der wörtlichen, verbunden mit kompletter Ignoranz gegenüber der sinngemässen Bedeutung von bestimmten Begriffen, Wendungen und Formulierungen, wie sie im allgemeinen Sprachgebrauch üblich sind oder waren.

 

Ein Beispiel dafür, wie eine Wendung auf diese Weise völlig fehlinterpretiert wird, ist die Behauptung, der Erzengel Michael hätte im Gegensatz zu Jesus nicht das Recht jemanden zu schelten, welche ihre Urheber mit Judas 1:9 zu begründen versuchen. Doch da steht in keinster Weise, Michael hätte es nicht gewagt, den Teufel zu schelten, im Gegenteil, genau hierfür benutzt Michael ja die Wendung Es schelte dich der Herr“, nämlich zur Zurechtweisung, zur Massregelung. Zahlreiche weitere Synonyme zum Wort schelten / schimpfen passen ebenso zu Michaels Aussage in Judas 1:9. Er tadelt den Teufel gerade durch diese Worte, sagt ihm die Meinung. Er gibt ihm gerade eben durch diese Worte zu verstehen, dass sein Verhalten falsch ist. Wenn das keine Rüge ist, was dann? Dass er sich mit dieser Rüge auf Jahwe bezieht bedeutet nicht, er selbst habe nicht das Recht zu rügen. Dadurch bestätigt Michael dem Teufel klar die Tatsache, dass Jahwe mit seiner Rüge übereinstimmt.

Was Michael gemäss Judas 1:9 nicht wagte war dies: Ein Urteil der Lästerung gegen den Teufel vorzubringen, wie es in der Interlinear-Übersetzung von Ernst Dietzfelbinger gemäss dem griechischen Grundtext übersetzt wird. Das genau ist was der Kontext sagen will: Wenn Michael es nicht einmal wagte ein Urteil über den Teufel zu fällen oder über ihn zu lästern, wie könnten wir uns anmassen, dies mit unseren Mitmenschen zu tun? Oder will der Kontext etwa aussagen, wir dürften niemanden schelten, wenn derjenige sich falsch verhält? Nein, es geht um das Urteilen und Lästern.

 

Argumentationen dieser Art findet man rund um das Thema Erzengel noch und nöcher. Erkennt man aber erst einmal das Prinzip, auf welchem sie aufgebaut sind, so kann man doch deutlich unterscheiden zwischen Fakt und Fake. Gehen wir hierfür einigen Fragen zum Thema auf den Grund.

 

 

 

Gibt es mehrere Erzengel?

Die Bezeichnung Erzengelist eine Übersetzung des griechischen Wortes ἀρχάγγελος (archangelos). Die Vorsilbe Erz- bedeutet erster, oberster, höchster. Die Bezeichnung Erzengelbedeutet also nichts anderes als „der erste der Engel“, „der oberste der Engel“, „der höchste der Engel und sie kommt in der Bibel niemals im Plural vor, was erst mal die Vermutung nahe legt, dass es nur einen Erzengel gibt. Tatsächlich ist es auch so, dass diese Bezeichnung in der Bibel nur auf ein einziges Geistwesen, auf Michael, angewandt wird, in Judas 1:9. So gesehen müsste Michael also der Anführer aller Engel sein, was auch in Übereinstimmung mit Offenbarung 12:7 wäre, worauf wir im Weiteren noch zu sprechen kommen.

 

Nun versuchen einige aber anhand von 1.Thessalonicher 4:16 zu argumentieren, es müsse mehrere Erzengel geben, weil hier in vielen Bibelübersetzungen von der Stimme einesErzengels die Rede sei, nicht von der Stimme des Erzengels. Doch abgesehen davon, dass vom Griechischen her beide Übersetzungen möglich sind, soll diese Formulierung eher die Unvergleichbarkeit dieser Stimme hervorheben, als Anlass zur Spekulation über eine mögliche Mehrzahl geben, die sich auf den Begriff Erzengelbeziehen könnte. Ein grammatikalisch vergleichbares Beispiel zur Verdeutlichung hiervon wäre folgendes: Der Konstrukteur selbst ist herbeigekommen, um mit dem Erfindergeist eines Daniel Düsentrieb an die Aufgabe heranzugehen. Die Grammatik von 1. Thessalonicher 4:16 bietet also keine Grundlage für die Behauptung, es müsse, allerhöchstens für die Annahme, es könne mehrere Erzengel geben.

Andere wollen behaupten in 1.Thessalonicher 4:16 sei es der Erzengel, der die Posaune bliese, um ihn dadurch als den letzten der sieben Engel aus Offenbarung 8:2 zu identifizieren, welcher gemäss Offenbarung 11:15 die siebte Posaune bläst, von welcher auch in 1.Korinther 15:52 und Matthäus 24:31 die Rede ist. Auf diese Weise denken sie behaupten zu können, die anderen sechs Engel müssten auch Erzengel sein. Doch ist es nicht das Blasen der Posaune, welches Paulus hier dem Erzengel zuspricht, sondern das Ertönen der Stimme. Nirgendwo wird gesagt es sei die Posaune des Erzengels. Ohne solch eklatante Fehlinterpretationen kann auch hier kein Zusammenhang konstruiert werden, der für die Existenz mehrerer Erzengel sprechen würde.

 

Ausserdem stellt sich ohnehin die Frage, welchen Einfluss es auf das Thema überhaupt hätte, wenn es tatsächlich mehrere Erzengel gäbe. Wie sieht es mit der Behauptung aus, der Erzengel Michael könne nicht der einzigartige Sohn Gottes sein, weil dieser ja nicht einer von mehreren sein könne? Sollte dies mit dessen Einzigartigkeit tatsächlich nicht zu vereinbaren sein?

Nun, Jesus bezeichnet sich selbst in Offenbarung 22:16 als Morgenstern. Doch Morgensterne gibt es laut der Bibel mit Sicherheit mehrere (Hiob 38:7). Es kann also definitiv nicht gesagt werden, Bezeichnungen oder Titel, die sowohl auf Jesus wie auch auf andere Personen im Himmel angewandt werden, würden die Einzigartigkeit Jesu als einziggezeugter Sohn Gottes (Johannes 1:18 / 3:16) ausschliessen. Jesus kann ganz offensichtlich Gemeinsamkeiten mit anderen Geistwesen haben und trotzdem einzigartig sein. Es könnte daher durchaus auch mehrere Erzengel geben, von welchen Jesus aber der Höchste sein müsste.

 

 

Muss Jesus der erste Fürst sein?

Manche verweisen nun auf Daniel 10:13 und argumentieren so: Jesus könne nicht nur "einer der ersten Fürsten" sein, er müsste hier als "der erste Fürst" bezeichnet werden.

Wie gesagt müsste Jesus von mehreren Erzengeln tatsächlich der erste sein, wenn es denn mehrere geben sollte. Doch das hebräische Wort für Fürst, Herrscher (als Singular in Daniel 12:1 שַׂר, als suffixierter Singular Daniel 10:21 שַׂרְכֶֽם oder als Plural in Daniel 10:13 הַשָּׂרִ֥ים) bedeutet einfach nur Fürst. Es kann nicht grundsätzlich mit Engelsfürst wiedergegeben werden, so wie dies in vielen Bibeln getan wird um es mit dem griechischen Wort ἀρχάγγελος (Erzengel) gleichzustellen. Genau dasselbe hebräische Wort wird nämlich in Daniel 10:13 und 10:20 auch auf Dämonenfürsten angewandt. Es ist also kompletter Unfug, zu behaupten Michael müsste der erste dieser Fürsten sein.

 

Dieses vermeintliche Argument könnte höchstens dann von Bedeutung sein, wenn sich dieser Vers auch ausschliesslich auf die Engel Gottes beziehen und nicht einen Konflikt beschreiben würde, an welchem die Geistwesen beider Seiten beteiligt sind, Gut und Böse. Mit anderen Worten: Nur wenn alle der im Zusammenhang erwähnten Fürsten auch Engel wären, die auf der Seite Gottes stünden, so könnte aus Daniel 10:13 überhaupt abgeleitet werden, Michael werde als einer von mehreren ersten Fürsten in der Hierarchie der Engel Gottes bezeichnet.

Wie der Kontext aber ganz unmissverständlich zeigt, können der Fürst von Persien und der Fürst von Griechenland keine Engel Gottes sein, weil sie sich im Kampf gegen Gottes Engel befinden. Der Erzengel Michael steht als einziger der hier genannten Fürsten auf der Seite der Engel Gottes, die anderen ersten Fürsten (jener von Persien und jener von Griechenland) stehen auf der Seite Satans, es sind daher Dämonenfürsten.

 

Die Bibel bezeichnet also auch in Daniel 10:13 niemand anderen als Michael als ersten Fürsten in der Hierarchie der Engel Gottes. Vers 21 verdeutlicht dies ebenfalls, denn Michael ist der einzige der dem Engel beisteht, welcher kam um Daniel zu stärken. Dieser Engel identifiziert auch nur Michael als Fürsten jener, die auf derselben Seite stehen wie Daniel, niemanden sonst. Und auf dieser Seite, nämlich der Seite der Engel Gottes, ist auch nirgendwo die Rede von mehreren Fürsten, der Engel sagt in Vers 21 nicht einer eurer Fürsten, nein, er sagt ganz klar euer Fürst. In Daniel 12:1 wird Michael als der große Fürst, der r die Söhne deines Volkes steht bezeichnet, auch hier begegnen wir dem Rang Michaels im Singular, nicht im Plural. Auch daraus lässt sich schliessen, dass der Erzengel Michael nicht einer von mehreren Erzengeln in der Regierung Gottes ist, sondern der Erzengel, der oberste der Engel in Gottes Regierung.

 

Doch ungeachtet dessen, ob es auf der Seite der Engel Gottes mehrere Erzengel (Engelsfürsten) gibt oder nicht, kann sich die Bezeichnung der erste der Fürsten genauso wenig auf Jesus beziehen wie auf Michael. Wenn, dann müsste es heissen der erste der Engelsfürsten (also der Erste der Erzengel), sofern es denn, wie gesagt, mehrere gibt. Der erste Fürst dagegen, das kann nur einer sein der über allen steht, einer der tatsächlich kein Engel sein kann, weil er Gott ist. Es ist der erste Fürst überhaupt, derjenige, der in Daniel 8:25 der Fürst der Fürsten genannt wird. Derjenige dem niemand gleich kommen kann, derjenige dessen Name Jahwe ist. Sie sollen erkennen, dass du allein, / der Jahwe heißt, / der Höchste in aller Welt bist. (Neue evangelistische Übersetzung, Psalm 83:19)

 

 

Gott oder Engel?

Die Vorstellungen im Zusammenhang mit dieser Frage, stellen bei den meisten wohl auch den Hauptgrund dar, warum sie behaupten wollen, Jesus könne nicht der Erzengel sein. Sie halten ihn für Gott, ganz und gar dem entgegen, was dutzende von Schriftstellen wie Psalm 83:19 absolut unumgänglich bezeugen, nämlich dass der Vater allein Gott ist, niemand sonst.

Mit oberflächlichen Auslegungen anderer Schriftstellen wird verzweifelt versucht diese zu entkräften und Jesus doch noch anhand der Bibel als Gott zu identifizieren oder eben um den Anschein zu erwecken, Jesus könne nicht der Erzengel sein.

 

Auf diese Weise wird beispielsweise versucht, einige Verse aus Hebräer 1 als angeblichen Beleg für die Behauptung vorzulegen, Jesus würde als Erzengel nicht infrage kommen. Doch das einzige was Paulus hier ausschliesst ist die Möglichkeit, dass Jesus ein einfacher Engel (ein Engel niederen Ranges, ohne Befehlsgewalt) sein könnte. Dies und nichts anderes sagt seine Formulierung aus, auch wenn das Wort einfach in derselben nicht vorkommt. Anhand eines anderen Beispiels zum Thema Hierarchie ist unschwer zu erkennen, warum auch Hebräer 1:5 und 1:13 Jesus als Erzengel nicht ausschliessen können:

Jeder Angehörige einer Armee ist ein Soldat, auch der General. Wenn jetzt aber am Eingang zu den Unterkünften der Offiziere ein Schild hängt mit der Aufschrift Kein Zutritt für Soldaten, haben dann der General und die anderen Offiziere auch keinen Zutritt? Die Antwort ist klar: Auch wenn auf dem Schild nicht explizit einfache Soldaten steht, sind trotzdem nur die einfachen Soldaten gemeint.

Der General einer menschlichen Armee wird ganz klar vom (einfachen) Soldaten unterschieden, obwohl er selbst ein Soldat ist. Genauso verhält es sich mit dem Heer der Engel. Wie dies aus der Bibel klar hervorgeht, gibt es unter den Engeln eine Hierarchie. Der Unterschied zwischen dem Erzengel und den Engeln ist allerdings noch weit grösser als der zwischen menschlichen Offizieren und Soldaten. Denn im Gegensatz zu diesen Offizieren und Soldaten, die alle Menschen sind, ist der Erzengel nicht nicht zwangsläufig wesensgleich mit den (einfachen) Engeln, er kann auch ein weit mächtigeres Geistwesen sein, genauso wie ein Löwe auch eine Katze ist, auch wenn er weit stärker ist als eine gewöhnliche Hauskatze. Doch der höhere Rang allein würde auch schon genügen um den Formulierungen aus Hebräer 1 gerecht zu werden. Die Formulierung in Hebräer 1:5 beispielsweise, verlangt schlicht und einfach nach etwas höherem als einem Engel. Die Antwort auf die Frage in Hebräer 1:5 kann also durchaus lauten: Zu dem Erzengel.

Mit Hebräer 1:6 ist es genau dasselbe. Auch hier zeigt ein einfacher Vergleich warum die Formulierung in Hebräer 1:6 nicht ausschliesst, dass Jesus ein Engel sein kann: Wenn gesagt wird, alle Menschen sollen sich vor dem König von Frankreich verbeugen, lässt sich daraus dann schliessen, dass der König von Frankreich kein Mensch sein kann? Selbstverständlich nicht, solche Schlussfolgerungen sind nichts anderes als das bedauernswerte Ergebnis von Wortklauberei.

Dasselbe gilt in Hebräer 1:13,14. Bleiben wir bei dem Beispiel mit dem König von Frankreich und formulieren es dieser Aussage des Paulus in Hebräer 1:13,14 entsprechend: Welcher Mensch soll sich nicht vor dem König von Frankreich verneigen? Sind sie nicht alle im Dienst des Reiches? Die Antwort lautet: Der König von Frankreich! (der auch ein Mensch ist). Auch das alle in Hebräer 1:14 schliesst nicht aus, dass Jesus ein Engel sein kann. Denn auch der König von Frankreich steht im Dienst des Reiches (zumindest dann, wenn es ein guter König ist, eine Frage die sich bei Jesus jedoch erübrigt). Keine der beiden Fragen schliesst aus, dass der König von Frankreich ein Mensch sein kann. Es wird aber ganz klar und deutlich gesagt, dass kein anderer Mensch als dieser, als König von Frankreich verehrt werden soll.

Genau so verhält es sich mit Hebräer 1 und 2. Nichts was Paulus sagt, schliesst ohne auf Wortklauberei zurückgreifen zu müssen aus, dass Jesus ein Engel sein kann. Nicht einmal die ganze Bibel macht genügend Angaben um darüber urteilen zu können. Teilen die Begriffe Cherub und Seraph die Engel nur in verschiedene Ränge oder sogar verschiedene Arten ein? Sind Cheruben stärker als Seraphe oder umgekehrt? Steht der Begriff Erzengel für eine gewisse Art von Engeln, von welchen einer der Höchste sein kann, oder bezeichnet dieser Begriff den höchsten Rang eines Engels, der von einem Cherub oder auch von einem Seraph belegt werden kann? Gibt es noch weitere Arten, die aber nicht Namentlich erwähnt werden? Sind auch die Morgensterne eine Art der Engel? Sind Morgensterne möglicherweise die einzigen, aus denen der oder die Erzengel kommen können? Auf alle diese Fragen gibt die Bibel keine Antwort, kurz gesagt, man weiss darüber so gut wie gar nichts.

Zu spekulieren ob Paulus die himmlische Rangordnung bis ins Detail kannte und wenn ja, warum er diese nicht in der Bibel festhielt, das führt einmal mehr am Thema vorbei, um welches es eigentlich geht. Es geht in Hebräer 1 und 2 nicht darum zu spekulieren ob Jesus nun ein Cherub, Seraph oder Erzengel sein könnte. Paulus sagt hier ganz eindeutig und unmissverständlich, dass Jahwe niemand anderen als Jesus zum König gemacht hat. Jesus wird hier ganz klar und unangefochten als Nummer 2 des gesamten Universums gekennzeichnet. Und genau darum geht es hier auch, dass man Jesus als den von Gott eingesetzten König erkennt und akzeptiert, ungeachtet dessen ob er nun abgesehen von Morgenstern (was wie gesagt auch eine Art oder ein Rang eines Engels sein kann) oder Menschensohn auch noch den Titel Erzengel tragen könnte oder nicht. Dies ist es was man erkennen muss, um seine Rettung nicht zu vernachlässigen.

 

Über die Natur oder Wesensart des Erzengels macht die Bibel keine Angaben, nirgendwo wird in der Bibel etwas über das Wesen des Erzengels gesagt. Es gibt keine einzige Bibelstelle, die besagen würde, dass der einziggezeugte Sohn Gottes nicht den Rang des höchsten Engels belegen kann. Dieser Titel macht ihn weder schwächer noch weniger göttlich. Dass die Engel alle gleich mächtig sein sollen ist nichts anderes als eine Behauptung, für welche die Bibel kein Fundament liefert. Engel ist nicht gleich Engel, genauso wenig wie Gott gleich Gott ist, man muss immer auf den Zusammenhang achten. Der Titel Gott wird in der Bibel sogar auf Menschen angewandt, beispielsweise auf Moses in 2.Mose 7:1. Unterscheidungsvermögen ist also gefragt, Wortklauberei bringt nicht das geringste.

 

Die ganze Behauptung, man degradiere Jesus zu einem Engel, wenn man annimmt er sei der Erzengel, basiert also nicht auf Argumenten, welche der Bibel entstammen. Sie ist nichts anderes als eine verdrehte Wortspielerei, die im Prinzip sagen soll, man degradiere den Löwen zur kleinen Hauskatze, wenn man sage der Löwe sei eine Katze.

 

 

 

Welche biblischen Argumente sprechen grundlegend für die Annahme, Jesus sei der Erzengel Michael ?

Wie gezeigt sind die meistbenutzten Einwände, warum Michael nicht Jesus sein könne, auf Wortklauberei aufgebaut, anders gesagt, nichts als auf sprachlicher Unkenntnis basierende Seifenblasen. Wie sieht es aber mit den Argumenten aus, die dafür sprechen?

Als erstes stellt sich die Frage nach dem Grund, warum es äusserst unwahrscheinlich ist, dass der Erstgeborene Gottes den Namen Jesus seit Anbeginn der Schöpfung gehabt haben soll. Die Antwort darauf liegt in der Bedeutung dieses Namens, er bedeutet Jahwe ist Rettung. Als Jesus geboren wurde musste jedoch noch niemand gerettet werden, es existierte noch gar keine Menschheit, also musste mit Sicherheit damals auch noch niemand gerettet werden. Und wenn man davon ausgeht, dass der Sündenfall nicht vorherbestimmt war, weil dies nämlich unweigerlich Gottes Zusicherung bezüglich des freien Willens widerspräche, so drängt sich der Gedanke förmlich auf, der Erstgeborene Sohn Gottes habe den Namen Jesus erst nach dem Sündenfall bekommen. Der Name Michael bedeutet Wer ist wie Gott?. Im Gegensatz zu Jesus würde dieser auch seit dem Tag seiner Geburt zum Erstgeborenen Gottes passen, weil er bezeugt, dass niemand wie Gott ist, auch nicht der Erstgeborene. Die Frage stellt sich, ob Michael ein Name des Erstgeborenen ist, den er vor der ihm aufgetragenen Rettung der Menschheit bereits hatte, für welche der Name Jesus steht. Wäre dies laut der Bibel möglich? Welche Parallelen findet man in der Bibel, in Bezug auf Jesus und Michael?

 

Was sagt beispielsweise 1.Thessalonicher 4:16 aus, wenn man auf den Zusammenhang der ganzen Schrift achtet, anstatt Wortklauberei mit diesem einzelnen Vers zu betreiben? Jesus kommt vom Himmel herab und auferweckt Tote. Auch während er als Mensch auf der Erde lebte, weckte Jesus einige Tote auf. Dies tat er jeweils mit einem Befehlsruf oder gebietenden Zuruf. In Lukas 7:14,15 sagte er beispielsweise: „Junger Mann, ich sage dir: Steh auf!“ und in Johannes 11:43 rief er mit lauter Stimme: „Lazarus, komm heraus!“ um seinen Freund Lazarus zu auferwecken. Es ist daher nur logisch anzunehmen, der Befehlsruf oder auch gebietende Zuruf“, mit welchem Jesus in 1.Thessalonicher 4:16 kommt um die Toten auferstehen zu lassen, während der siebte Engel aus Offenbarung 8:2 die siebte Posaune bläst, gehe ebenfalls von ihm aus. Allerdings ist Jesu Stimme hier nicht mehr die des Menschen Jesus sondern die eines Erzengels. Wenn die Bezeichnung „Erzengel“ nicht auf Jesus Christus, sondern auf andere Engel angewandt würde, so wäre die Erwähnung der „Stimme eines Erzengels“ hier nicht passend. Dies würde sonst bedeuten, dass jene in 1.Thessalonicher 4:16 von der Stimme eines Geringeren als Jesus auferweckt würden, jene in Johannes 5:25-29 dagegen von der Stimme des Herrn Jesus selbst.

 

 

Welche Parallelen finden wir noch, was sagt die Bibel beispielsweise in Offenbarung 12:7-12 über Michael? Unter anderem, dass Michael und seine Engel den Teufel und seine Engel aus dem Himmel werfen. Vergleichen wir dies nun einmal mit anderen Stellen, die etwas über die Endzeit aussagen (Matthäus 13:40,41 / Matthäus 16:27 / Matthäus 24:30,31 / Matthäus 25:31). Welche Parallele fällt auf? Sie handeln zwar nicht alle von derselben Aktion, doch bei all diesen Versen ist es ein Befehlshaber des Heeres Gottes, der mit seinem Teil des Heeres der Engel Gottes den Willen Gottes in der Endzeit ausführt. In Matthäus sind es der Menschensohn oder das Wort Gottes (Jesus Christus) und seine Engel, deren Aktivitäten bezüglich der Endzeit beschrieben werden, in Offenbarung 12:7 sind es Michael und seine Engel.

Der Teufel und seine Engel werden von Michael und seinen Engeln aus dem Himmel geworfen, womit oder worauf gemäss Offenbarung 12:10 die Macht des Königreiches Gottes und die Gewalt von seinem Christus herbeigekommen ist. Dies ist jedoch vorerst nur im Himmel der Fall, wie Vers 12 eindeutig und unmissverständlich bezeugt. Auf der Erde hat der Teufel nun noch eine kurze Frist, während der seine Herrschaft geduldet wird. Dieser Punkt wird im nächsten Artikel noch ausführlich behandelt, unter dem Titel Wann (kommt) Jesus?, da dies eng mit der Frage Jesus=Michael? im Zusammenhang steht und von vielen völlig falsch verstanden wird.

Offenbarung 12:10 bezeugt also den Beginn der Herrschaft unseres Herrn Jesus Christus, welche mit oder nach dem Sieg im Kampf des Erzengels Michael, zusammen mit seinen Engeln, gegen den Teufel und seine Dämonen beginnt. Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

1) Entweder ist Michael der Befehlshaber von einem aus mehreren Engelsheeren, welche zusammen das Heer der Engel Gottes bilden, welches wiederum der Befehlsgewalt des von Gott eingesetzten Herrschers, Jesus Christus, untersteht. Oder...

2) ...der Erzengel Michael ist der Erstgeborene Gottes, welcher mit dem neuen Namen Jesus Christus zur Erde kam um gemäss der Bedeutung dieses Namens zu handeln (als mit der von Jahwe kommenden Rettung für die Menschheit beauftragter Gesalbter).

 

Dass die Engel, die gemäss Matthäus 25:31 alle bei ihm sind, wenn unser Herr Jesus Christus in seiner Herrlichkeit kommt, in mehrere Heere eingeteilt sind, ist gar nicht abwegig, denn in Offenbarung 19:14 steht der griechische Begriff für Heer im Plural, στρατεύματα (Heere). Doch warum sollte in Offenbarung 12:7 von einem Krieg die Rede sein, welcher zwischen einem Unteroffizier der einen Seite und dem Oberbefehlshaber der anderen Seite ausgebrochen sein soll? Dies wäre alles andere als üblich. Selbst wenn ein Unteroffizier der einen Seite mit den Seinen den entscheidenden Beitrag zum Sieg leistete, spräche man nicht davon, dass der Krieg zwischen ihm und dem Oberbefehlshaber der anderen Seite ausgebrochen sei. Kriege brechen zwischen den jeweiligen Oberbefehlshabern aus. Wie Vers 9 unumgänglich bezeugt, ist der Drache aus Vers 7 niemand anderes als der Teufel, der Oberbefehlshaber der Dämonen. Dies wirft logischerweise die Frage auf, wer dessen Kontrahent ist. Der Oberbefehlshaber der Engel Gottes ist kein anderer als Jesus, ihn und niemand anderes hat Gott persönlich dazu ernannt (Hebräer 1:13 / 10:13 / 1.Korinther 15:25). Somit liefert Offenbarung 12:7 ein weiteres starkes Indiz für die Annahme, dass Michael Jesus sein kann.

 

Wie aus dem zuvor Besprochenen bereits deutlich wurde, sagt uns auch das Buch Daniel vieles über den Erzengel Michael, einen Punkt aus Kapitel 12 wollen wir noch genauer betrachten. In Vers 1 wird Michael in der Endzeit als der große Fürst, der zugunsten der Söhne eures Volkes steht bezeichnet. Wenn man nun gemäss Matthäus 21:43 davon ausgeht, dass die wahren Christen (bestehend aus Menschen aus allen Völkern, inklusive der Juden) die Juden als das Volk Gottes abgelöst haben, bleibt nur einer übrig, zu dem die Beschreibung aus Daniel 12:1 passt, nämlich unser Herr Jesus Christus.

Des Weiteren verwendet Daniel hier das hebräische Wort עָמַ֖ד (amad), um prophetisch zu beschreiben was dieser grosse Fürst vor der grossen Bedrängnis tut. Aus dessen Grundbedeutung stehen ergeben sich neben aufstehen auch Aufstellung nehmen, aufrichten oder sich erheben, im Englischen arise, rise up. Dieses Wort verwendet Daniel in seinem Buch mehrmals um prophetisch den Aufstieg eines Herrschers oder eines Königreiches zu beschreiben, in Daniel 11:2 beispielsweise für vier Persische Könige. Gleich im Anschluss, im Vers 3, beschreibt er damit zweifelsohne den Aufstieg Alexanders des Grossen. Das Aufstehen des Königs steht auch hier mit Sicherheit für den Aufstieg Griechenlands zur Weltmacht, zu welcher es sich mit dem Sieg Alexanders über das Perserreich erhob, welcher kurz darauf jedoch verstarb, worauf sein Reich auf seine vier Generäle verteilt wurde. Dies wird ebenfalls durch die weltliche Geschichtsschreibung bestätigt. In Daniel 11:20,21 verwendet er dieses Wort für den Aufstieg der römischen Kaiser Augustus und Tiberius, wie aus dem Kontext hervorgeht.

Gemäss der Schreibweise im Buch Daniel kann also davon ausgegangen werden, dass Michaels Aufstehen in der Endzeit ebenfalls für den Antritt seiner Herrschaft steht. Doch laut Daniel 7:13,14, Matthäus 25:31 und Offenbarung 19:11-16 ist klar Jesus derjenige, der sich auf den Thron der Herrlichkeit setzen und als König der Könige herrschen wird.

Wenn Michael nun aber ein anderer sein sollte als Jesus, was für eine Herrschaft will er denn in der Zeit des Endes antreten? Dies ausgerechnet genau zu der Zeit wo Jesus seine Herrschaft antreten wird? Wie Offenbarung 12:10 unumgänglich bezeugt, beginnt Jesu Herrschaft im Himmel, aus welcher letztendlich auch seine Herrschaft über die Erde hervorgeht, unmittelbar nach dem Rauswurf des Teufels aus dem Himmel, also noch vor Beginn der grossen Drangsal, genau wie das Aufstehen von Michael.

Auf der Erde regiert zu dieser Zeit noch der Teufel, Jesu Herrschaft auf der Erde beginnt erst am Schluss der grossen Drangsal, womit auch folgendes klar wird: Die Herrschaft jener, die gemäss Offenbarung 5:9,10 vom Himmel aus als Könige mit Jesus über die Erde regieren werden, kann ebenfalls erst dann beginnen, wenn die Herrschaft des Teufels über die Erde beendet sein wird, also erst am Ende der grossen Drangsal. Michael kann daher auch keiner von diesen sein. Ausserdem waren diese vor dem Antritt ihres Königtums Menschen, keine Engel.

Welche Möglichkeit bleibt noch? Von was für einem Aufstehen könnte Daniel denn noch sprechen? Etwa von einem Aufstehen, wie es beispielsweise ihm selbst in Daniel 12:13 zugesichert wird? Dazu müsste Michael jedoch zuvor verstorben sein, wovon die Bibel aber wiederum nichts berichten würde.

 

Spätestens aufgrund der exakten Übereinstimmung der Ereignisse, welche im Zusammenhang mit dem Aufstehen von Michael gleichermassen beschrieben werden, wie sie der Herrschaft Jesu Christi zugeordnet werden, sollte eigentlich jedem klar sein, dass eine mögliche biblische Grundlage für die Glaubensansicht, dass Jesus der Erzengel Michael sei, nicht geleugnet werden kann. Der Vergleich von Daniel 12:1-3 mit Matthäus 24:21 und Johannes 5:28,29 spricht für sich selbst. Oder gibt es vielleicht zwei verschiedene Zeiten des Endes, welche von einer Bedrängnis begleitet werden, wie es sie noch nie gegeben hat, noch jemals wieder geben wird und wo die Toten auferstehen?